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Ernährung

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Soziales Miteinander

Schematische Darstellung eines Superblocks im deutschsprachigen Raum (2021)

Detroit erblüht: Wie Urban Gardening eine Stadt verändert

Auf den Punkt gebracht:

  • Vielfältig: Über 2.200 urbane Gärten und Farmen in der Stadt
  • Michigan Urban Farming Initiative: Erste „Agrihood“ der USA, versorgt über 2.000 Haushalte kostenlos mit Lebensmitteln
  • Bildung & Ernährung: Organisationen wie „Keep Growing Detroit“ und „The Greening of Detroit“ fördern urbane Landwirtschaft durch Saatgut, Werkzeuge und Bildungsprogramme
  • Innovation: Innovative Techniken wie Hydroponik steigern die Effizienz und machen nachhaltige Landwirtschaft auch auf kleinem Raum möglich

Detroit war einst die glänzende Hauptstadt der Automobilindustrie, eine Stadt voller Chancen und Wohlstand. Doch mit dem Niedergang dieser Branche geriet Detroit in eine Krise, die ganze Stadtviertel verwaisen ließ. Wo einst das Leben pulsierte, entstanden leere Straßen und brachliegende Flächen. Inmitten dieser Trümmer wuchs eine neue Hoffnung: Menschen begannen, die verlassenen Flächen in grüne Oasen zu verwandeln. Was zunächst wie ein kleines Experiment aussah, wurde zu einer Bewegung, die die Stadt veränderte.

Mit einem kleinen Garten begann alles. Eine Handvoll engagierter Bürger verwandelte ein verlassenes Grundstück in einen Ort voller Leben. Bald folgten andere, inspiriert von der Idee, aus Schutt grüne Oasen zu schaffen. „Keep Growing Detroit“ und „The Greening of Detroit“, zwei der zentralen Organisationen, machten es sich zur Aufgabe, diese Bewegung zu fördern. Sie versorgten Nachbarschaften mit Saatgut, Werkzeugen und Wissen – und die Ergebnisse ließen nicht lange auf sich warten.

Heute gibt es in Detroit über 2.200 urbane Gärten und Farmen. Eine der bemerkenswertesten Initiativen ist die Michigan Urban Farming Initiative, die die erste „Agrihood“ – eine landwirtschaftlich orientierte Nachbarschaft – ins Leben rief. Diese über drei Hektar große Anlage versorgt mittlerweile mehr als 2.000 Haushalte kostenlos mit frischen Lebensmitteln.

Doch Urban Gardening in Detroit ist mehr als nur Landwirtschaft. Es ist ein Symbol der Hoffnung und des Zusammenhalts. In den Gärten treffen sich Nachbarn, tauschen Ideen aus und bauen nicht nur Obst und Gemüse an, sondern auch Freundschaften. Workshops lehren Kinder und Erwachsene gleichermaßen, wie sie mit der Erde arbeiten können, um nachhaltiger zu leben.

Ein Beispiel ist die Earthworks Urban Farm. Diese Initiative bietet nicht nur gesunde Lebensmittel, sondern auch Bildungsprogramme, die Gemeinschaften befähigen, selbst aktiv zu werden. Ein weiterer Aspekt ist die innovative Nutzung moderner Techniken wie Hydroponik, mit der auch auf kleinstem Raum Erträge erzielt werden können.

Detroit zeigt uns, dass Veränderung selbst unter schwierigen Bedingungen möglich ist. Doch welche Lehren können wir daraus für Wuppertal ziehen? Auch in unserer Stadt gibt es viele ungenutzte Flächen und Menschen, die bereit sind, durch gemeinschaftliche Projekte neues Leben in die Stadt zu bringen.

Wuppertal hat mit Initiativen wie der Permakultur in Utopiastadt bereits gezeigt, dass Urban Gardening auch hier funktioniert. Doch wir können mehr tun!

  • Gibt es in der Nachbarschaft ungenutztes Land? Gemeinsam könnte dort einen Gemeinschaftsgarten initiiert werden.
  • Von bestehenden Projekten lernen: Organisationen wie Transition Town Wuppertal bieten Unterstützung und Expertise.
  • Netzwerke bilden: Wie in Detroit können kleine Projekte große Bewegungen inspirieren.
  • Kreativ werden: Mit innovativen Ideen wie Vertical Gardening oder Hydroponik lassen sich kleine Flächen nutzen.

Die Geschichte von Detroit erinnert uns daran, dass Wandel möglich ist, wenn Menschen die Initiative ergreifen. Ob wir selbst einen Garten pflanzen, andere inspirieren oder bestehende Projekte unterstützen – wir können Teil dieser Bewegung sein.

Schematische Darstellung eines Superblocks im deutschsprachigen Raum (2021)

Das „Right to Food“-Modell von Belo Horizonte

Auf den Punkt gebracht:

  • Projektbeginn: In den 1990er Jahren machte Belo Horizonte Hunger und Unterernährung zur Priorität.
  • Ziel: Subventionierte Mahlzeiten garantieren gesunde Ernährung für alle.
  • Umsetzung: Kleinbauern verkaufen direkt an Verbraucher und profitieren von fairen Preisen.
  • Auswirkungen: Kindersterblichkeit sank um 60 %, Unterernährung und Lebensmittelverschwendung gingen drastisch zurück.

Inmitten der geschäftigen Straßen von Belo Horizonte, der sechstgrößten Stadt Brasiliens, begann Anfang der 1990er Jahre eine stille Revolution. Damals beschloss die Stadtverwaltung unter der Führung von Patrus Ananias, dass kein Bürger dieser Stadt jemals wieder Hunger leiden sollte. Dieser bahnbrechende Moment markierte den Beginn des „Right to Food“-Modells, einem umfassenden Programm, das Ernährungssicherheit nicht nur als politisches Ziel, sondern als Grundrecht etablierte.

Der Ansatz war so einfach wie genial: Wenn der Markt versagt, greift die Gesellschaft ein. Volksrestaurants, die gesunde und ausgewogene Mahlzeiten zu symbolischen Preisen anbieten, wurden errichtet. Schulkinder erhalten kostenlose Mahlzeiten, um ihre Entwicklung zu fördern. Gleichzeitig wurden Märkte geschaffen, auf denen lokale Kleinbauern ihre Produkte direkt an die Verbraucher verkaufen können. Ohne Zwischenhändler profitieren sowohl die Landwirte als auch die Konsumenten.

Diese Programme wurden mit beeindruckendem politischen Willen umgesetzt und erreichten bald Ergebnisse, die selbst die kühnsten Erwartungen übertrafen. Innerhalb von nur zehn Jahren sank die Kindersterblichkeit um 60 Prozent. Krankenhausaufenthalte aufgrund von Unterernährung gingen um drei Viertel zurück, und der Obst- und Gemüseverzehr stieg um 25 Prozent. Das Modell bewies, dass es möglich ist, den Hunger in einer großen Stadt zu beseitigen, ohne dabei enorme Haushaltsmittel aufzuwenden: weniger als zwei Prozent des städtischen Budgets reichten aus.

Doch das „Right to Food“-Modell ist weit mehr als eine Erfolgsgeschichte über die Bekämpfung des Hungers. Es zeigt, wie politischer Mut und bürgerschaftliches Engagement soziale Barrieren durchbrechen können. Ernährung wurde in Belo Horizonte nicht als Gunst oder Wohltätigkeit behandelt, sondern als unveräußerliches Recht eines jeden Menschen. Diese Perspektive inspirierte nicht nur lokale Gemeinschaften, sondern auch internationale Organisationen und andere Städte weltweit.

Auch in Wuppertal könnte ein ähnliches Modell tiefgreifende Veränderungen bewirken. Stellen wir uns vor, wie Volksrestaurants in Stadtteilen wie Barmen oder Elberfeld erschwingliche, gesunde Mahlzeiten für alle anbieten. Dies könnte nicht nur die Ernährungssicherheit verbessern, sondern auch Gemeinschaftsgefühl und soziale Teilhabe fördern. Eine Stärkung der lokalen Landwirtschaft durch Direktvermarktung könnte dazu beitragen, regionale Produkte sichtbarer zu machen und Landwirten faire Preise zu garantieren.

In Ansätzen existieren bereits ähnliche Projekte in Wuppertal: Die Wuppertaler Tafel leistet wertvolle Arbeit, um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren und bedürftige Menschen zu unterstützen. Auch Urban-Gardening-Initiativen wie der „Wuppergarten“ zeigen, dass gemeinschaftliche Projekte die Lebensqualität in der Stadt verbessern können. Doch könnten diese Ansätze durch ein umfassenderes Konzept wie das von Belo Horizonte ergänzt werden, das politische und gesellschaftliche Strukturen nutzt, um systematisch gegen Hunger und soziale Ungleichheit vorzugehen.

Schematische Darstellung eines Superblocks im deutschsprachigen Raum (2021)

Essbare Stadt Andernach: Ein Vorbild für nachhaltige Stadtentwicklung

Auf den Punkt gebracht:

  • Projektbeginn: 2010 im „Internationalen Jahr der Biodiversität“
  • Kernidee: Öffentliche Flächen werden zu essbaren Landschaften, die kostenlos zugänglich sind
  • Motto: „Pflücken erlaubt statt Betreten verboten“
  • Erfolgsgeschichte: Steigerung der Biodiversität, soziale Integration, internationale Anerkennung

Stellen Sie sich eine Stadt vor, in der Obst, Gemüse und Kräuter nicht hinter Zäunen versteckt sind, sondern öffentlich zugänglich und für alle kostenlos gepflückt werden dürfen. Genau das hat Andernach, eine kleine Stadt am Rhein, geschafft. Im Jahr 2010, als die Welt auf die Bedeutung der Biodiversität aufmerksam wurde, startete die Stadt das Projekt „Essbare Stadt“ – und schrieb damit Geschichte.

Das Projekt wurde von der Stadtverwaltung Andernach initiiert, die gemeinsam mit der gemeinnützigen Perspektive gGmbH und externen Fachleuten wie Permakulturexpert*innen ein visionäres Konzept entwickelte. Der erste Schritt war, eine symbolträchtige und gut sichtbare Fläche zu wählen: die historische Stadtmauer. Hier wurden 101 Tomatensorten gepflanzt, um die Vielfalt und den Nutzen essbarer Pflanzen zu demonstrieren.

Dieser erste Schritt sollte nicht nur die Bewohner*innen für das Potenzial städtischer Grünflächen sensibilisieren, sondern auch als Testlauf für die Pflege und Nutzung solcher Flächen dienen. Der Slogan „Pflücken erlaubt statt Betreten verboten“ wurde bewusst gewählt, um eine offene und einladende Botschaft zu senden.

Nachdem die erste Saison erfolgreich verlief, wurde das Projekt erweitert. Weitere öffentliche Flächen, wie Beete entlang von Straßen und in Parks, wurden mit Gemüse, Obst und Kräutern bepflanzt. Dabei wurden gezielt pflegeleichte und mehrjährige Pflanzen verwendet, um die laufenden Kosten zu reduzieren und die Biodiversität zu steigern.

Parallel dazu begann die Zusammenarbeit mit der Perspektive gGmbH, die Menschen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt beschäftigt. Diese Organisation übernahm die Pflege der Flächen, wodurch das Projekt nicht nur ökologischen, sondern auch sozialen Mehrwert generierte.

Zu Beginn gab es Bedenken, ob die Flächen respektiert und nachhaltig genutzt würden. Die Stadt begegnete diesen Herausforderungen durch umfassende Aufklärungsarbeit: Informationsveranstaltungen, Workshops und öffentliche Führungen schufen Transparenz und steigerten die Akzeptanz. Die Einbindung der Bürger*innen von Anfang an war ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Darüber hinaus wurde eng mit Expert*innen zusammengearbeitet, um die ökologischen Aspekte des Projekts zu optimieren. Mischkulturen und Permakulturprinzipien sorgten dafür, dass die Flächen nicht nur Nahrung lieferten, sondern auch als Lebensraum für Insekten und andere Tiere dienten.

Mit den Jahren wuchs die Essbare Stadt weiter. Ein besonderes Highlight war die Einrichtung einer 14 Hektar großen Permakulturfläche am Stadtrand. Diese dient nicht nur der Nahrungsmittelproduktion, sondern auch als Bildungs- und Erlebnisraum für Schulen und Vereine. Hier lernen Kinder und Erwachsene, wie nachhaltige Landwirtschaft funktionieren kann und warum Biodiversität wichtig ist.

Die Essbare Stadt Andernach bietet wertvolle Anknüpfungspunkte für Wuppertal. Insbesondere bestehende Initiativen wie der Utopiastadtgarten oder die Gemeinschaftsgärten in verschiedenen Stadtteilen könnten durch eine systematische Weiterentwicklung nach dem Andernacher Vorbild profitieren.

Ein erster Schritt könnte sein, prominente Flächen wie den Wuppertaler Hauptbahnhofsvorplatz oder den Von-der-Heydt-Platz in essbare Landschaften zu verwandeln. Durch die Einbindung von lokalen Organisationen wie der Urban Gardening Initiative und die Zusammenarbeit mit sozialen Trägern könnten gleichzeitig ökologische und soziale Ziele erreicht werden.

Zudem bietet die Kooperation mit Schulen und Bildungseinrichtungen großes Potenzial, um Kinder und Jugendliche für Nachhaltigkeitsthemen zu begeistern. Ein fahrbarer Schulgarten, wie er in Andernach etabliert wurde, könnte als Pilotprojekt für Bildung in der Praxis dienen. Diese Ansätze könnten helfen, die Bürger*innen Wuppertals zu motivieren, ihre Stadt aktiv nachhaltiger zu gestalten und das Gemeinschaftsgefühl zu stärken.